Die Beobachtungserfahrung
Nun kommt der Punkt, der sich für mich am schwierigsten in Worte fassen lässt: Die Beobachtungserfahrung. Schon bei der Beobachtungstechnik am Fernrohr machen sich ebenfalls Unterschiede in den Ergebnissen bemerkbar. Z. B. kann ausgiebiges experimentieren mit Vergrößerungen zum Beobachtungserfolg führen, im Nachteil ist derjenige, der die jeweiligen Seeingverhältnisse nicht der teleskopischen Leistung anpasst. Ein weiterer Faktor ist die Dunkeladaption. Hier werden erfahrungsgemäß auch unterschiedliche Maßstäbe angesetzt. Um in den Grenzbereich zu gehen und eben alles an Informationen "aufzusaugen", sollte man auf jegliche Beleuchtung verzichten (auch keine rote Taschenlampe!). Nur dann kann sich das Auge für die schwächsten Objekte öffnen. Extrafoveales (indirektes) sehen oder "field sweeping" auch "scope swinging" (leichtes bewegen des Fernrohrs) genannt, sind nicht Jedermann/Frau vertraut. So kann es schon wieder zu gravierenden Differenzen bei den Beobachtungsergebnissen kommen. Ein erfahrener Beobachter wendet diese Techniken automatisch an und ist damit im Vorteil. Etwas ernüchternd mag für manchen Sternfreund die visuelle Beschreibung einiger Himmelsobjekte sein. Da wird von "gleißend hell", "easy viewing" oder "leicht machbar" etc. gesprochen. Man selbst hat diese Objekte aber ganz anders erlebt. Als Erklärung vielleicht folgendes Beispiel: Stell dir, vor du sitzt das erste mal in einem Ferrari und spurtest mit Tempo 280 über die Autobahn- ein Wahnsinnstempo. Fragt man den professionellen Rennfahrer, wird er über dieses Tempo vielleicht nur müde lächeln. "280km/h- und das nur gerade aus? - "leicht machbar". Ebenso verhält es sich bei der visuellen Beobachtung. Nur wer schon die Grenzen der eigenen Wahrnehmung erfasst hat, kann weitere Beobachtungen taxieren. Man weiß dann z. B. wie eine 14mag Galaxie im 8 Zöller aussieht und kann dann eine 13mag Galaxie als hell bezeichnen. derjenige, der eine 13mag Galaxie in einem solchen Teleskop erstmals sieht, würde diese Galaxie als schwach bezeichnen. Kurz: Viele Beobachtungen unterschiedlichster Objekte erlauben das relativieren der gesammelten Eindrücke- nur so kann man sich ein Urteil bilden. Die genannten Punkte gelten ganz besonders, wenn man an die Grenzen der Machbarkeit vordringen will, sei es ein Objekt überhaupt zu sehen oder Details in einem schon aufgefundenen Objekt zu erkennen.